Die populärsten Irrtümer in der Hundeerziehung

Der Kleine hat noch Welpenschutz...
… und ein erwachsener Hund, der einem Welpen was tut, ist gestört.

Einen generellen Welpenschutz gibt es nicht.
Dadurch, dass Welpen oft klein und harmlos sind, und sich meistens im richtigen Moment unterwürfig verhalten, werden sie aber von erwachsenen Hunden in der Regel eher tolerant behandelt.
Innerhalb eines Rudels, das sich in der Natur aus einer gewachsenen Familie zusammensetzt, genießen zumindest die Welpen der ranghöchsten Hündin bis zu einem gewissen Alter etwas mehr „Narrenfreiheit“ Alles dürfen sie aber auch nicht, und ab einem gewissen Alter ist dann auch Schluss mit lustig.
Achtung: Hunde, die sich im Park oder in der Hundeschule begegnen, bilden KEIN RUDEL!

Besonders Hündinnen können fremden Welpen gegenüber durchaus aggressiv werden. Diese Welpen sind potentielle Konkurrenten für ihre eigenen Jungen, die sie einmal haben könnte.

 

Die machen das unter sich aus.

Ich kenne eine Hündin, die als Welpe in einer Welpen-„Spiel“-Stunde von zwei anderen Hunden so massiv attackiert wurde, dass sie eine schwere Rückenverletzung davontrug. Die Erinnerung an dieses eine traumatische Erlebnis in ihrer Welpenzeit sitzt so tief, dass diese Hündin nie wieder in der Lage sein wird, entspannten, normalen Kontakt mit anderen Hunden zu haben.

Würdest du Kinder im Alter zwischen – sagen wir mal: vier und sechzehn Jahren einfach unbeaufsichtigt zusammen in einen Raum sperren und sich selbst überlassen? Machen die das alles unter sich aus?

Vieles können die Hunde unter sich regeln. Welpen und Junghunde müssen auch lernen, Konflikte zu lösen oder gar nicht erst entstehen zu lassen. Wenn aber beispielsweise das körperliche Ungleichgewicht zu groß ist, oder mehrere Hunde sich auf einen einschießen, oder einer der Hunde einen „Sprachfehler“ hat, dann greife ich ein, auch um unerwünschte Lernerfahrungen (sowohl beim Über- als auch beim Unterlegenen) zu vermeiden.

 

Nackenschütteln...
… ist eine Maßregelung, die der Hund gut versteht. Die Hündin macht das mit ihren Welpen auch.

Falls die Hündin ihren Welpen schüttelt, dann tut sie das, weil sie beabsichtigt, ihn zu TÖTEN.
Ein Hund schüttelt sein Beutetier, um es durch Genickbruch zu töten. Diese Maßnahme ist grundsätzlich unangemessen und schädigt das Vertrauen unseres Hundes. Etwas zart besaitete Hunde können durch einen solchen „Amoklauf“ ihres Menschen nachhaltig traumatisiert werden.

 

Hundenase ins „Missgeschick“ tunken...
… hilft, damit der Hund stubenrein wird.

Genau, und Kleinkinder werden schneller sauber, wenn man ihnen die Windel, in die sie gemacht haben, über den Kopf stülpt. Ein sehr zweifelhafter Lerneffekt.

Wie ein Kleinkind muss auch der Welpe erst lernen, seine Notdurft immer länger einzuhalten und wo er sie überhaupt verrichten kann. Das geht nur, wenn er oft genug (z. B. anfangs alle zwei Stunden und zusätzlich sofort nach dem Schlafen, nach dem Essen oder Trinken und nach dem Spielen) zu einem geeigneten Löseplatz gebracht wird. Und immer gut beobachten. Wenn der Welpe anfängt, auf dem Boden herumzuschnüffeln oder im Kreis herumzulaufen, wird es höchste Zeit, ihn hinauszubringen.

Wenn ein Hund, der schon stubenrein war, wieder in die Wohnung macht, kann es dafür viele verschiedene Gründe geben, nur eines ganz gewiss nicht: Bosheit oder Trotz.
Welche Gründe für die Unsauberkeit verantwortlich sind, sollte man u. U. zusammen mit dem Tierarzt und/oder Verhaltensberater herausfinden.

 

Wenn ein Rüde aggressiv ist, muss man ihn kastrieren lassen.

Es wäre ja so einfach, wenn man Aggressivität wegamputieren könnte. Leider ist es nicht ganz so simpel. Nur ein Bruchteil der Fälle aggressiven Verhaltens wird durch einen überhöhten Sexualtrieb verursacht. In diesen Fällen kann man nach Absprache mit dem Tierarzt auch mit einer „chemischen Kastration” vorher testen, ob die gewünschte Verhaltensänderung eintritt.

Ein Hund, der ursprünglich aus Unsicherheit aggressiv geworden ist, kann nach einer Kastration unter Umständen noch unsicherer werden, was das Problem sogar noch verschärfen würde.

Für aggressive Verhaltensweisen gibt es viele verschiedene Ursachen. Die meisten sind durch Training, Management und / oder Verhaltenstherapie durch einen qualifizierten Tierarzt zu behandeln.

 

Wenn man sachkundig angeleitet wird, darf man ein Elektroreizgerät (z. B. Teletakt) verwenden…
… Die Geräte sind ja auch frei verkäuflich.

Entgegen der landläufigen Meinung sind Stromreizgeräte zwar frei verkäuflich, deren Einsatz am Hund ist jedoch grundsätzlich und ausnahmslos verboten und kann mit Bußgeld bis zu 25.000 € oder bei regelmäßiger Anwendung sogar mit Gefängnis bis zu drei Jahren geahndet werden. Weitere Infos dazu unter „Rechtliches“.

 

Man muss dem Hund regelmäßig seinen Futternapf wegnehmen...
...
um ihm zu zeigen, wer dominant ist.

Viele Hunde, die in den „Genuss“ dieser Erziehungsmaßnahme gekommen sind, fingen daraufhin erst an, aggressiv ihr Futter zu verteidigen. Stell dir vor, du sitzt im Restaurant und alle paar Minuten kommt der Kellner und zieht dir den Teller wieder unter der Nase weg. Früher oder später wirst du richtig wütend, oder? Außer in Zeiten äußerster Hungersnot wird der Chef eines Wolfs- oder Hunderudels einem Rangniedrigeren sein Stück Futter nicht entreißen. Ein solches Verhalten wäre „asozial“.

Futterverteidigung ist kein Zeichen von Dominanz. Welpen, die ihre Futterschüssel oder alles Essbare verteidigen, mussten sich in den ersten Lebenswochen in der Regel mit ihren Wurfgeschwistern um die Milch der Mutter und später um die feste Nahrung streiten, sodass der Welpe dieses Verhalten auch in seinem neuen Zuhause beibehält. Um dem Welpen zu zeigen, dass dieses Verhalten nicht nötig ist, gibt man ihm, während er frisst, mehrmals einen kleinen Nachschlag in die Futterschüssel. Der Welpe lernt, dass die Hand ihm nichts wegnimmt, sondern noch mehr bringt. Er wird sich auf die Hand freuen.
Wichtig: Nie dem Welpen das Futter wegnehmen, wenn man ihm vorher erlaubt hat zu fressen!



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